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Posingtipp: Die Stellung der Füße

Plump oder elegant: Die Füße geben die Richtung vor

In der Menschenfotografie ist ein gutes Posing absolut wichtig für ein gelungenes Bild. Dabei meine ich mit dem Begriff »Posing« jede mögliche Körperhaltung, die unser Model einnehmen kann. In den meisten Fällen sollte dabei das Ziel sein, ein »Posing« zu finden, das nicht nach »Posing« aussieht, sondern eher wie eine natürliche Haltung wirkt. Der Einfachheit halber verwende ich aber weiterhin den Begriff »Posing«.

Viele Fotografen achten sehr auf die technischen Details ihrer Bilder, auf Schärfe, Bildaufbau, Farben, Kontraste, Bearbeitung, Styling, Hintergrund und vieles mehr, doch das Posing wird dabei oft vernachlässigt. Sehr häufig stehen dann die Models etwas unbeholfen in der Szenerie herum, fügen sich nicht wirklich in das große Ganze ein und wirken deplatziert. Die Haltung wirkt oft unnatürlich und wenig entspannt. Mit diesem Beitrag möchte ich eine Reihe eröffnen, in der ich mich genau darauf konzentriere, wie man sein Model zu einem natürlichen Posing führt und auf welche Kleinigkeiten man achten sollte.

Beginnen möchte ich mit den Füßen.

Die Füße sind gerade in der Aktfotografie, aber auch immer dann wenn sie barfuß im Bild zu sehen sind, ein nicht zu unterschätzender Aspekt, der die Wirkung eines Bildes stark beeinflusst. Die Stellung der Füße kann dabei bestimmen ob unser Model selbstbewusst oder schüchtern, dominant oder unterwürfig, grazil oder trampeling, männlich oder weiblich erscheint. Ebenso sind unsere Füße ein wichtiger Faktor beim Lesen der Körpersprache. Sie können Aufschluss darüber geben, ob sich unser Model eher wohl oder unwohl fühlt. Daher sollten wir auf die Stellung der Füße genau achten und uns fragen, welche Haltung der Stimmung bzw. Aussage des Bildes am ehesten gerecht wird.

Dabei muss man die Füße natürlich im Gesamtkontext zum restlichen Posing sehen. Denn Füße können natürlich von der Körpersprache her genau die gegenteiligen Signale senden, die der Rest des Körpers sendet. Ist der Oberkörper beispielsweise dem Gesprächspartner zugewandt, könnte man davon ausgehen, dass unser Model Sympathie und Offenheit für sein Gegenüber empfindet. Dies gilt allerdings nur, wenn die Füße eine ebenso offene Haltung in Richtung seines Gegenübers einnehmen. Zeigen die Füße allerdings beispielsweise in eine andere Richtung oder gar in Richtung Tür, könnte man davon ausgehen, dass unser Model gerade vielleicht lieber die Situation verlassen möchte. Daher muss bei der Beurteilung der Körpersprache immer auf den Kontext geachtet werden und mehrere Signale beurteilt werden, ehe man sich ein abschließendes Gesamtbild macht.

Füße leicht anwinkeln bzw. aufstellen

Möchte man eine Frau eher elegant wirken lassen – und ich denke das ist in den meisten Fällen erwünscht – empfehle ich mit den Beinen spannende Linien zu bilden und sie nicht einfach nur dastehen zu lassen wie ein Soldat. Das reicht manchmal schon, wenn man ein Bein bzw. einen Fuß leicht anwinkelt. Das verlängert optisch nicht nur das Bein, sondern sorgt auch für die nötige Grazilität. Bei Männern ist das allerdings nicht notwendig und kann auch oft ins weibliche kippen.

Im Sitzen hat das Aufstellen der Füße auch einen weiteren Effekt. Unschöne Quetschungen des Oberschenkels auf der Sitzfläche werden dadurch minimiert. Auch wird durch das Aufstellen die Linie des Oberschenkels nicht mehr unterbrochen und wirkt harmonischer.

Sollten die Quetschungen des Oberschenkels trotz aufstellen der Füße noch immer zu stark sein, ist der Stuhl zu hoch (oder das Model zu klein). Hier hilft es entweder eine andere Sitzmöglichkeit zu wählen oder die entsprechende Stelle, beispielsweise mit den Händen, zu verdecken.

Füße versetzt stellen

Wir Fotografen stehen vor der Herausforderung einen dreidimensionalen Raum auf ein zweidimensionales Medium zu bannen, das Bild aber trotzdem dreidimensional wirken zu lassen. Für die Stellung der Füße (bzw. Gliedmaßen allgemein) bedeutet das, dass diese zur Kameraachse hin niemals hintereinander liegen sollen, da sie sich gegenseitig verdecken. Ein leichter Versatz der Füße schafft nicht nur die Sichtbarkeit des hinteren Fußes, sondern auch mehr Räumlichkeit und eine spannendere Geometrie. Außerdem wirkt das Bild durch die Schatten räumlicher und plastischer.

Welches Bein soll länger sein?

Die Frage ob man das vordere oder das hintere Bein anwinkelt hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits ob man eine eher offene oder geschlossene Haltung möchte, auf der anderen Seite aber auch vom Licht sowie von der Perspektive bzw. dem Kamerastandpunkt.

Ist das hintere Bein kürzer, sieht man in dieser Lichtsituation, wie zu wenig Licht auf das hintere Bein fällt und es somit zu dunkel wirkt. Außerdem wird die Linie des vorderen Oberschenkels durch den hinteren Oberschenkel gebrochen. In diesem Falle würde ich also eher empfehlen das vordere Bein kürzer zu stellen. Das muss allerdings für jeden Fall neu entschieden werden. Im Zweifelsfalle empfehle ich beide Varianten aufzunehmen und dann später in Ruhe die Entscheidung zu treffen.

Sitzt unser Model und stellt es das hintere Bein auf, sticht dieses optisch in das vordere Bein und der Fuß wirkt als würde er fehlen. Daher empfehle ich beim Sitzen – bis auf einige Ausnahmen – eher das vordere Bein aufzustellen.

Wobei ich dazusagen möchte, dass es natürlich niemals ein Richtig und ein Falsch geben kann. Diese Empfehlung ist rein subjektiv.

Beine schräg stellen

Nicht nur die Verkürzung von Gliedmaßen kann bei gerade stehenden Beinen auftreten, sondern horizontale oder vertikale Linien wirken im Bild oft langweiliger als Diagonalen. Daher macht es Sinn auch mit den Gliedern bzw. dem ganzen Körper immer Diagonalen zu bilden. Gleiches gilt natürlich auch für die Stellung der Füße.

Beine anwinkeln im Sitzen

Wenn das Model auf dem Boden sitzt gelten natürlich ähnliche Empfehlungen wie beim Stehen oder sitzend auf einem Stuhl. Auch hier sollte ein Bein immer leicht aufgestellt werden, um es räumlich vom anderen Bein zu trennen bzw. für die Geometrie um die Linienführung zu durchbrechen.

Füße stets strecken bzw. auf Zehenspitzen stehen

Wer sein Model auf Zehenspitzen stehen lässt, verlängert nicht nur optisch die Beine, sondern verleiht dem Stand auch mehr Eleganz und Grazilität. Auf den Zehenspitzen zu stehen wirkt fast schon schwebend wie eine Ballerina.

Gestreckte Füße sind für Aktfotografen fast schon ein Muss. Wenn wir auf beide Faktoren achten, den optischen Versatz und die Streckung bekommen wir gleich eine viel graziler anmutende Wirkung.

Fazit

Achte beim Arbeiten mit den Beinen immer darauf, dass sich jedes Bein optisch gut vom anderen trennt.

Gib Acht, dass durch die Beinstellung keine Linien gebrochen werden.

Lass dein Model die Füße stets strecken, um die Beine zu Verlängern und mehr Eleganz zu erhalten.

Ich hoffe ich konnte dir in diesem Beitrag einen kleinen Einblick vermitteln, der dir hilft bei deinem nächsten Shooting etwas genauer auf das Posing deines Models zu achten.

Wenn du Fragen oder Anregungen hast bzw. eigene Erfahrungen mit einbringen möchtest, freue ich mich auf deinen Kommentar.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Oskar Hemm

    Nicht nur für Fotografen sondern besonders auch für angehende Models sicher sehr interessant.
    Danke für den tollen Artikel!

  2. Thorsten Lasrich

    Ich befasse mich erst seit kurzem mit der People-Fotografie und habe daher den Artikel mit Begeisterung gelesen. Die sehr eindrucksvollen Beispiele und die jeweilige Gegenüberstellung der Posen haben es sehr einfach gemacht, die jeweilige Problematik nachzuvollziehen. Ein wirklich gelungener Artikel! Schön wäre es, wenn es auch eine Offline-Variante geben würde, vielleicht als PDF?

    Danke für die Mühe!

    Gruß
    Thorsten

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