In den einschlägigen Fotoforen wird hitzig darüber diskutiert, ob man als Fotograf kostenlos arbeiten sollte oder nicht. Die einen sagen, dass man damit ja die Preise und die Branche kaputt macht und sich selbst verkauft und wieder andere zählen die Vorteile auf, die man davon hat.
Ich selbst finde, dass man diese Frage nicht einfach Schwarzweiß beantworten kann, denn es kommt auf die Umstände an.
Zuerst solltest du erst einmal folgende Unterscheidungen treffen.
Geht es um ein Herzenprojekt oder um einen Job?
Wenn es um ein Herzensprojekt geht, dann stellt sich doch eigentlich die Frage nach dem Geld gar nicht. Denn für ein Hobby investiert man ja eher Geld, als dass man welches dafür bekommt. Wenn ich beispielsweise Skispringer bin, dann investiere ich in meine Ski-Ausrüstung, fahre in den Skisport, bezahle Sprit, Unterkunft, Essen und so weiter und würde ja nie auf die Idee kommen, dass mir das jemand bezahlt. Und warum sollte das bei einem Hobbyfotografen anders sein? Ausnahmen gibt es natürlich dann, wenn der Hobbyfotograf auf dem Feld der Auftragsfotografie agiert. Hier ist es ganz klar, dass auch ein angemessener Stundensatz genommen wird. Doch das wäre dann eher ein Thema zur Preiskalkulation für Fotografen.
Geht der Intention von dir aus oder von deinem Model?
Angenommen du triffst auf der Straße einen spannenden Menschen und fragst ihn ob du ihn fotografieren darfst. Dann wäre es natürlich echt fies, wenn du ihm am Ende des Shootings eine Rechnung stellst. Hier kann man ja davon ausgehen, dass die Frage einer Einladung gleichzusetzen ist.
Wenn dich hingegen jemand anspricht und fragt ob du ihn fotografieren würdest, dann solltest du für dich schon gut durchdenken, ob du dafür Geld nimmst, oder ob dich dieses Projekt deinem Ziel weiterbringt.
Was ist dein fotografisches Ziel?
Mal angenommen du fotografierst nicht nur aus Spaß, sondern möchtest mit der Fotografie ernsthaft Geld verdienen, dann solltest du dir natürlich Gedanken darüber machen was überhaupt dein Ziel ist. Zu Beginn steht natürlich erst einmal deine Profilierung und Positionierung und wenn du diese für dich abgehakt hast, dann frage dich, wohin für dich als Fotograf die Reise gehen soll. Möchtest du ein bekannter Modefotograf werden? Ein Beautyfotograf? Ein Pressefotograf? Leg dein Ziel fest.
Denn wenn du dein Ziel festgelegt hast, dann kannst du auch ganz einfach erkennen, ob dich dieses oder jenes Projekt deinem Ziel näher bringt. Denn wenn du ein Beautyfotograf werden möchtest, bringt es dich deinem Ziel definitiv nicht näher, wenn du kostenlos eine Veranstaltung fotografierst. Wenn du hingegen ein bekannter Modefotograf werden möchtest, kann es durchaus helfen, wenn kostenlos für ausgewählte Modedesigner oder Magazine fotografierst. Natürlich nur für eine bestimmte Zeit unter bestimmten Umständen. Ich denke du verstehst worauf ich hinaus will.
Ist es ein Job?
Wenn es weder ein Herzensprojekt ist, noch dich dieses Projekt deinem Ziel näher bringt, dann nimm ein entsprechendes Honorar dafür. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich dir nur raten die Finger von Anfragen zu lassen, bei denen du den ersten Job mit Aussicht auf bezahlte Jobs kostenlos machen sollst. Das ist nur Augenwischerei. Es hat sich bei mir noch nie ein Job daraus entwickelt. Denn wenn du es beim zweiten Mal nicht mehr kostenlos machst, wird man einen anderen Dummen suchen, der es tut. Von daher nimm von Anfang an gleich ein angemessenes Honorar.
Lass dich auch nicht auf Dumpingpreise ein. Denn wer beim ersten Job nur 30 Euro die Stunde bezahlt, wird beim zweiten Job keine 100 Euro die Stunde bezahlen. Oft wird dann auch wieder ein neuer billiger Fotograf gesucht. Und nein, auch hier kommen keine Folgejobs. Ganz im Gegenteil, ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die Folgejobs eher von den Kunden kommen, die gut und angemessen bezahlen und nicht über Preise diskutieren.
Und wenn du doch aus irgendeinem Grund genau diesen Job haben möchtest, dann mach es eher wie folgt. Kalkuliere im Angebot deinen normalen Stundensatz und schreib unter das Angebot oder in eine extra Position, dass du eine Art „Neukundenrabatt“ oder „Kennenlernrabatt“ in einer Höhe deiner Wahl einräumst. Damit besteht das Risiko, dass du den zweiten Job nicht bekommst immernoch, aber zumindest machst du deinem Kunden von Anfang an klar, was deine Preise sind. Das bringt dich in eine gute Verhandlungsposition.
Schreib mir gern einen Kommentar, welches Erfahrung du selbst mit kostenlosen Arbeiten gemacht hast.
In meinem Video widme ich mich dem Thema noch einmal ausführlicher.
Pingback: Kundenwünsche vs. eigener fotografischer Anspruch
Richtig! Mal nicht nur schwarz/weiß, sondern ein klare Empfehlung „was weiterbringt“.